Wie Hunde den Menschen erziehen
Aktualisiert: 30. März 2022
Die wenigsten Hunde liegen den ganzen Tag auf ihrer Decke und machen nichts. Den meisten fällt nach einer Weile etwas ein, das sie gerne möchten. Sei es in den Garten gehen oder gestreichelt werden. Aber wie merkt der Mensch, dass der Hund etwas bestimmtes im Sinn hat? Nun, er macht irgendwie auf sich aufmerksam.

Der Fachausdruck hierfür ist "aufmerksamkeitsheischendes Verhalten". Der Hund weiß also, wie er den Menschen zu einer bestimmten Handlung auffordert. Die Intensität des Verhaltens reicht von "oh wie süß" bis zu "verdammt nochmal, hör endlich auf" oder sogar Strafmaßnahmen. Mit anderen Worten: es gibt aufmerksamkeitsheischendes Verhalten, das der Mensch billigt oder die vielleicht sinnvoll sind. Beispielsweise zeigt der Hund an, dass er in den Garten möchte, um sich zu lösen. Gleichermaßen sind viele dieser Verhaltensweisen für den Menschen sehr störend. Ganz entscheidend hierbei ist, die Intensität, mit der der Hund auf seinem "Willen" beharrt und die persönliche Einstellung des Menschen.
Woher weiß der Hund, was er machen muss?
Diese Frage ist sehr leicht zu beantworten: der Hund lernt es.
Wie funktioniert das Lernen von aufmerksamkeitsheischendem Verhalten?
Alles beginnt ganz klein. Bereits als Welpe merkt er, dass bereits bei einem kleinen Jaulen alle Menschen zu ihm kommen. Das funktioniert solange gut, wie die Menschen bereit sind, auf ein kleines Jaulen zu reagieren. Aber, wenn der Welpe vielleicht einfach gestreichelt werden möchte und es dem Menschen gerade nicht gut passt, spricht der Mensch mit dem Welpen: "ich komme gleich mein Süßer".
Der Welpe wird zwar nicht gestreichelt, erhält aber durch die verbale Ansprache Aufmerksamkeit. Das ist aus Welpensicht ja schon mal gut. Eigentlich wollte er aber, dass der Mensch zu ihm kommt und ihn streichelt. Also wird er die Intensität des Jaulens stärker zeigen. Für den Menschen bedeutet das meist, dass irgendwas mit dem Welpen ist. Er macht sich schnellstens auf den Weg. Für den Welpen heißt das: Mission completed.
Was ist hier passiert?
Am Anfang steht das natürliche Bedürfnis von Nähe und Geborgenheit des Welpen. Beim Menschen wird das Bedürfnis der Fürsorge ausgelöst. Soweit so gut.
Durch das Sprechen mit dem Welpen, erhält dieser schon mal die Aufmerksamkeit des Menschen => das Verhalten "Jaulen" wird dadurch verstärkt.
Das Bedürfnis nach Geborgenheit ist aber noch nicht befriedigt, also intensiviert er das Jaulen. Er hat gelernt: bisschen Jaulen ist "nur" Aufmerksamkeit. Jetzt reagiert der Mensch und befriedigt den Wunsch des Welpen, hat dieser wieder etwas gelernt: wenn ich laut genug jaule, klappt's. => das Verhalten "intensiveres Jaulen" ist verstärkt.
Als schlauer Welpe, wird er jetzt direkt das intensivere Jaulen anwenden. Damit erreicht er sein Ziel schneller.
Wie geht es weiter?
In vielen Fällen dreht sich die Spirale weiter. Der Mensch reagiert nicht auf das "intensive Jaulen" dann bellt der Welpe vielleicht als nächstes.
Das Problem an der Sache: Jede aber auch absolut jede Form der Aufmerksamkeit wirkt als Verstärkung des gezeigten Verhaltens. Und mit jeder Form sind auch unangenehme Dinge wie schimpfen oder gar Strafen gemeint.
Bei einigen Hunden geht das Verhalten sogar soweit, dass sie aggressives Verhalten zeigen, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.
Welche Verhaltensformen des aufmerksamkeitsheischenden Verhaltens gibt es?
Die Liste der Verhalten, die der Aufmerksamkeit dienen, ist schier unendlich. Und es kommen trotzdem immer noch welche hinzu.
Stupsen
Bellen
Tür kratzen
Kopf auf den Oberschenkel legen
erbrechen
humpeln
kreiseln
...
Was kann der Hundehalter tun?
Der Hundehalter befindet sich in einem Teufelskreis. Je mehr er dafür tut, dem Verhalten entgegenzuwirken, umso mehr zeigt er dadurch dem Hund, wie erfolgreich er mit seiner Strategie ist. Der Hundehalter gibt ihm die maximale Aufmerksamkeit.
Um diese Schleife zu unterbrechen, muss man komplett neu denken:
Der Grund für aufmerksamkeitsheischendes Verhalten, ist die Aufmerksamkeit, die der Hundehalter dem Hund schenkt.
Als Hundehalter haben wir nur eine Möglichkeit direkt einzugreifen: die Aufmerksamkeit, die wir dem Hund geben. Wir haben gelernt, dass mehr Aufmerksamkeit zu verstärktem Verhalten führt. Die logische Schlussfolgerung daraus ist, dass keine Aufmerksamkeit zum Unterbruch des Teufelskreises führt und das Verhalten verschwinden wird. Jedwedes aufmerksamkeitsheischendes Verhalten wird ignoriert oder führt zum Abbruch der Aufmerksamkeit seitens des Halters.
Über die Dauer der Therapie kann keine verlässliche Aussage getroffen. Viele Faktoren spielen eine Rolle:
die Intensität des Verhaltens
wie lange zeigt der Hund das Verhalten
wie ist die Frustrationstoleranz des Hundes
und nicht zuletzt: wie konsequent wird ignoriert
Bei vielen Hunden kann es schon nach sehr kurzer Zeit eine deutliche Besserung geben.
Flankierende Maßnahmen sind eine gute Auslastung des Hundes und eine souveräne Führung. Gerne unterstützt die Markgräfler Hundeschule bei möglichen .