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Freude und Fairness sind unsere Brücke zwischen Mensch und Hund

Mein Hund spinnt - Stereotypen und Zwangsverhalten

Aktualisiert: 7. Juni 2022

Wer hat nicht schon im Fernsehen einen Elefanten gesehen, der immer und immer wieder den Kopf hin und her bewegt? Oder einen Tiger, der in seinem Käfig hin und her wandert? Oder einen Hund, der immer wieder seinen Schwanz jagt?





Dies sind alles sogenannte Stereotypen. Stereotypen erkennt man an einem sich wiederholenden Bewegungsmuster mit hoher Genauigkeit. Das heißt, die ausgeführten Bewegungen haben die gleiche Form und sogar die gleichen Wege.


Können diese Tiere den Beginn und / oder das Ende der Muster nicht mehr kontrollieren, spricht man von einem Zwangsverhalten. Sie findet man auch beim Menschen, z.B. andauerndes Händewaschen oder Stifte müssen auf dem Schreibtisch in einer bestimmten Richtung und Reihenfolge liegen.


Bei Menschen steckt hinter diesen Zwängen meist eine tiefsitzende Angst vor etwas. Im Gegensatz dazu werden die Stereotypen und das Zwangsverhalten bei Tieren durch Defizite während der Entwicklung oder in ihren Lebensbereichen hervorgerufen. Wir konzentrieren uns hier auf Tiere und im Speziellen auf Hunde.

 

Hintergrundwissen


Welche Art von Bewegungen können eine Stereotypie oder Zwangsverhalten sein?

Bei Hunden gibt eine Vielzahl Bewegungen, die eine stereotypische Form sein können. Hier eine kleine Auswahl:

· Lecken

· Nuckeln

· Pica (die Aufnahme von Dingen, die keine Lebensmittel sind)

· Buddeln

· Am Zaun auf und ab laufen

· An die Zwingerwand springen

· Bellen

· Bewachen eingebildeter Objekte

· Kopfschütteln

· Kratzen

· Jagen von Schatten und Lichtreflexen


Wodurch können Stereotypen oder Zwangsverhalten entstehen?

Während der Entwicklung

Die Neigung kann tatsächlich von einem der Elterntiere vererbt werden. Weiterhin kann eine gestörte Funktion der Neurotransmission im Gehirn vorliegen. Die Symptomatik kann aber auch auf eine sogenannte Deprivation hinweisen. Eine Deprivation entsteht, wenn der Hund in der Welpenzeit nicht zu dem richtigen Zeitpunkt die entsprechenden Impulse bekommt. Ihm haben vielleicht die Kontakte zu anderen Menschen oder Hunden gefehlt.

Umweltbedingungen

Hier gibt es eine schier unendliche Anzahl von Ursachen:

· Extrem reizarme Umgebung

· Keine artgerechte Haltung und Auslastung

· Langeweile

· Isolation

· Zu wenig Platz

· Zu wenig Bewegung

· Zu wenig Beachtung

· Zu wenig Interaktion

· Extrem konfliktreiche Umgebung

· Angst

· …..

Lernen

Verhalten können gelernt werden, somit auch Stereotypen und Zwangsverhalten. Eine Verhaltensänderung geschieht, wenn bestimmte Verhaltensweisen belohnt werden. Die Belohnung kann in diesem Fall bereits die Aufmerksamkeit des Hundehalters sein. So manch ein Verhalten kann auch selbstbelohnend sein, es gibt dem Hund Sicherheit. Eine weitere Möglichkeit zum Erlernen von Stereotypen und Zwangsverhalten ist Frustration. Wenn die Zeit von einem Erfolg bis zur Belohnung zu lange dauert, wird bei dem Hund Frust erzeugt.


Was hat der Hund davon?

Stereotypische Verhalten und Zwangsverhalten haben einen starken Wiederholungsfaktor. Die Bewegungen werden zu einem Ritual für den Hund und Rituale geben einem Hund das Gefühl von Sicherheit. Werden diese Bewegungen länger ausgeführt, verändert sich der Gehirnstoffwechsel und es kann ein Suchtverhalten entstehen. Manchmal verwenden Hunde diese Bewegungen, um mit einer aus ihrer Sicht unsicheren oder bedrohenden Situation umzugehen. Die Bewegungen sorgen für eine Beruhigung bis hin zur Herabsetzung des Herzschlages durch die Ausschüttung von Endorphinen. Endorphine werden verstärkt durch monotone Bewegungen ausgeschüttet.


Wie ist die Entwicklung des Verhaltens?

Typischerweise gibt es drei Stufen, die ein Hund durchläuft, falls keine Maßnahmen getroffen werden.

Stufe 1

Zeigt der Hund das Verhaltensmuster kann es noch spontan unterbrochen werden. Die Bewegungen werden nur kurz gezeigt, jedoch relativ häufig. Es kann zu kleinerem Schlafbedürfnis führen und ggf. zu motorischer Unruhe.

Stufe 2

Während der Hund in Stufe eins das Verhalten selbst abbrechen kann, muss nun ein äußerer Reiz hinzukommen. Die Bewegungsmuster halten länger an, werden aber seltener gezeigt. Das Schlafbedürfnis ist deutlich kleiner, der Hund zieht sich zurück und ist nicht mehr so neugierig wie früher. Mit neuen Situationen kann er schlechter umgehen. Das Lernen fällt ihm schwer.

Stufe 3

Eine Unterbrechung des Verhaltens ist kaum noch möglich. Selbst lebensnotwendige Verhaltensweisen werden nur noch stark eingeschränkt durchgeführt


Wie sind die Chancen auf Heilung?

Eine Prognose zur Heilung oder Verbesserung ist bei dieser Symptomatik pauschal nicht möglich. Es spielen die Art der Bewegung, die Dauer des Verhaltens und die Stufe, in der der Hund sich befindet, eine Rolle. Sie ist für jeden Hund unterschiedlich.

 

Was kann ich als Hundehalter tun?

Als aller erstes muss der Hund einer gründlichen tierärztlichen Untersuchung unterzogen werden. Je nach Befund können anschließend verhaltenstherapeutische Maßnahmen ergriffen werden.

Ganz wichtig ist herauszufinden, in welcher Situation zeigt der Hund das Verhalten. Ist es an einem bestimmten Ort, wenn ein anderer Hund in die Nähe kommt, …. Sind die Faktoren bekannt, werden diese abgestellt, damit der Hund nicht mehr in dieses Verhalten kommt.

Der Hundehalter muss die oben genannten begünstigenden Bedingungen ehrlich für sich überprüfen. Spätestens der Hundetherapeut wird diese Punkte abklopfen. Durch die Optimierung der eher ungünstigen Umstände kann man für den Hund ein angenehmeres Umfeld schaffen, sein Stress wird damit deutlich reduziert.

Zur Unterstützung bieten wir zusätzlich verschiedene spezielle Trainings an. Über die systemische Desensibilisierung, dem Aufbau von alternativem Verhalten bis hin zu einem Abbruchsignal.

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